Jaumann, Bernhard by Steinland

Jaumann, Bernhard by Steinland

Autor:Steinland
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-09-05T14:45:59+00:00


Vor anderthalb Stunden hatten sie Robinson zum letzten Mal auf dem Handy erreicht. Da waren sie auf Höhe der Teufelsbachschlucht Richtung Norden gefahren, Tjikundu und Clemencia vorneweg, drei voll besetzte Einsatzwagen hinterher. Es war eines der verrücktesten Telefonate gewesen, die Clemencia je geführt hatte, und das wollte etwas heißen, wenn man mit zwei Tanten wie Selma und Matilda gestraft war. Zuerst hatte Robinson allerdings einigermaßen vernünftig gewirkt, als er Clemencia den Weg beschrieben hatte. Nur das Ziel hatte sie verblüfft.

«Auf Farm Steinland? Thomas Rodenstein wird auf seiner eigenen Farm festgehalten?», hatte sie gefragt.

«Oben in den Bergen, fast an der Farmgrenze. In einer Schutzhütte unterhalb des Kamms.» Robinsons Stimme hatte etwas gepresst geklungen, aber noch hatte sich Clemencia nichts dabei gedacht.

«Woher weißt du das? Haben die angerufen?»

«Angerufen? Nein, aber ich bin nur hundert Meter weg. Habe alles im Blick.»

«Wie viele Entführer sind es?»

«Keine Ahnung.» Robinson hatte gekichert.

«Und der junge Rodenstein?»

«Den hole ich jetzt raus.» Robinson hatte vergnügt gegluckst.

«Spinnst du? Du wartest, bis …»

«Erbitte … Bestäti … gung!» Vor Lachen hatte Robinson die beiden Wörter kaum herausgebracht.

«Ich verbiete dir ausdrücklich, irgendetwas zu unternehmen, bevor wir vor Ort sind. Das ist ein dienstlicher Befehl!»

«Ich kann nichts verstehen. Muss an der Verbindung liegen.» Robinsons Worte waren laut, völlig störungsfrei und mit einem eindeutig belustigten Unterton aus dem Handy gedrungen. Er hatte «fiep, przzt, chchcht» gemacht und dann angefügt: «Falls ihr mich noch hören solltet: Ich gehe mal davon aus, dass ihr mir aufgetragen habt, keine Zeit zu verlieren und Rodenstein augenblicklich da herauszuholen.»

«Nein, Robinson!», hatte Clemencia gebrüllt.

«Over und tschüß!» Man hatte Robinson noch einmal kichern hören, und dann war Schluss gewesen. Seitdem ging er nicht mehr ans Telefon.

Sturzbesoffen oder total durchgeknallt oder beides, vermutete Tjikundu. Eventuell auch ein Tumor im Hirn. So etwas könne über Jahre unbemerkt wachsen und dann plötzlich, von einem Tag auf den anderen, die Persönlichkeit des Betroffenen völlig verändern. Das habe er, Tjikundu, zumindest mal gehört. Clemencia werde sehen, wenn sie ankämen, würde Robinson auf der Veranda des Farmhauses herumhopsen und sich wie ein infantiler Sechsjähriger freuen, dass er die halbe Windhoeker Polizei hereingelegt habe. Robinson habe keine Ahnung, wo sich der Entführte befinde. Wie solle er auch, wenn er die ganze Zeit neben dem Telefon gesessen und anscheinend vergeblich auf einen Anruf der Täter gewartet habe?

Seltsam war nur, dass sich die Wegbeschreibung als absolut stimmig erwies. Gleich hinter dem ersten Farmtor zweigte von der Hauptpad, die nach ein paar Kilometern zum Farmhaus führen würde, links eine Fahrspur ab. Sie näherte sich in einer langgezogenen Kurve dem Fuß des Bergzugs und folgte ihm dann. Nachdem Tjikundu ein trockenes Rivier durchquert hatte, teilte sich der Weg, und sie hielten sich wieder links. Jetzt ging es steil den Hang hinauf. Die Pad war mit schwerem Gerät geschoben und an manchen Passagen wohl sogar durch den Fels gesprengt worden.

Was einen derartigen Aufwand gerechtfertigt hatte, wurde klar, als sie die eingeebnete Fläche erreichten, die Robinson als unteren Parkplatz bezeichnet hatte. Das Areal wurde an zwei Seiten durch mindestens fünf Meter hohe, glatte Steinwände begrenzt.



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